Veröffentlicht am Mai 15, 2024

Conditioner ist kein Weichspüler, sondern ein physikalisches Präzisionswerkzeug, das die negativ geladene Haaroberfläche nach dem Waschen neutralisiert und versiegelt.

  • Shampoo öffnet die Schuppenschicht des Haares und lädt sie negativ auf, was zu Verknotungen führt.
  • Conditioner enthält positiv geladene (kationische) Tenside, die wie Magnete an den negativ geladenen Stellen andocken und die Haaroberfläche glätten.

Empfehlung: Eine auf Ihre Haarporosität abgestimmte Spülung nach jeder Wäsche für nur 30-60 Sekunden anzuwenden, verhindert Haarbruch effektiver als jede teure Kur, die nur selten zum Einsatz kommt.

Das morgendliche Ritual ist oft ein Wettlauf gegen die Zeit. Nach dem Haarewaschen greifen viele Frauen aus Zeitmangel direkt zum Handtuch und lassen den Conditioner weg. Das Ergebnis ist nur allzu bekannt: widerspenstiges, verknotetes Haar, das sich nur unter Protest und mit erheblichem Haarbruch kämmen lässt. Der Gedanke, dass eine Spülung nur ein optionaler Luxus für weiches Haar ist, hält sich hartnäckig. In Deutschland werden jährlich zwar enorme Summen für Haarpflege ausgegeben – laut IKW-Statistik betrug der Umsatz mit Haarpflegemitteln in Deutschland allein 2023 rund 2,7 Milliarden Euro –, doch das grundlegende Verständnis für die Wirkungsweise der Produkte fehlt oft.

Die landläufige Meinung reduziert Conditioner auf einen einfachen Weichmacher. Man trägt ihn auf, lässt ihn kurz einwirken und spült ihn aus – in der Hoffnung auf etwas mehr Geschmeidigkeit. Doch was, wenn dieser Schritt kein optionales Extra, sondern ein physikalisch notwendiger, nicht verhandelbarer Teil der Haarwäsche ist? Was, wenn das Weglassen der Spülung die strukturelle Integrität Ihres Haares aktiv sabotiert?

Dieser Artikel bricht mit den Mythen und erklärt die wissenschaftlichen Grundlagen. Wir tauchen ein in die Welt der elektrischen Ladungen, des Schuppenschicht-Managements und der Haarporosität. Sie werden verstehen, warum Conditioner wie ein intelligenter Reißverschluss für Ihre Haarfasern wirkt und wie Sie mit minimalem Zeitaufwand maximale Ergebnisse erzielen. Vergessen Sie die vagen Ratschläge – hier bekommen Sie die Fakten, um Ihre Haarpflegeroutine für immer zu revolutionieren.

Entdecken Sie in den folgenden Abschnitten die wissenschaftlichen Hintergründe und praktischen Tipps, um das volle Potenzial Ihrer Haarspülung zu entfesseln und sich endgültig von Knoten und Haarbruch zu verabschieden.

Warum Conditioner wie ein Reißverschluss für Ihre Haare wirkt?

Um die Notwendigkeit von Conditioner zu verstehen, müssen wir zunächst die Wirkung von Shampoo betrachten. Shampoo enthält anionische (negativ geladene) Tenside, deren Aufgabe es ist, Schmutz und Fett zu binden. Dabei quellt die äußere Schicht des Haares, die sogenannte Schuppenschicht (Cuticula), auf. Stellen Sie sich diese Schicht wie Tannenzapfen vor, deren Schuppen sich beim Waschen aufstellen. Dadurch lädt sich die Haaroberfläche elektrostatisch negativ auf. Das Ergebnis: Die Haare stoßen sich gegenseitig ab, werden rau, verknoten und sind anfällig für Schäden. Hier kommt die Physik ins Spiel.

Visualisierung der positiven Ladung von Conditioner-Molekülen, die von negativ geladenen Haarsträhnen angezogen werden.

Conditioner basiert auf dem Prinzip der elektrischen Anziehung. Er enthält kationische (positiv geladene) Tenside. Diese positiv geladenen Moleküle werden von den negativ geladenen Stellen des Haares wie Magnete angezogen. Sie legen sich gezielt dort an, wo die Schuppenschicht aufgeraut ist, und neutralisieren die negative Ladung. Dieser Vorgang glättet die aufgestellten Schuppen und schließt sie wieder – genau wie ein Reißverschluss, der zwei Seiten nahtlos miteinander verbindet. Dieser „Reißverschluss-Effekt“ macht das Haar nicht nur sofort kämmbar, sondern bildet auch eine Schutzschicht, die es vor Umwelteinflüssen wie UV-Licht schützt.

Das Ergebnis ist eine versiegelte, glatte Oberfläche. Das Licht wird wieder gleichmäßig reflektiert, was dem Haar seinen natürlichen Glanz zurückgibt. Ohne diesen entscheidenden Schritt bleibt die Schuppenschicht offen und das Haar verliert Feuchtigkeit, wird spröde und bricht leichter. Conditioner ist also keine oberflächliche Kosmetik, sondern eine physikalische Notwendigkeit, um den durch das Waschen verursachten „Schaden“ zu reparieren und das Haar in seinen stabilen, geschützten Zustand zurückzuführen.

Reichen 30 Sekunden wirklich oder ist das Produktverschwendung?

Einer der größten Mythen in der Haarpflege ist die Annahme, dass Conditioner minutenlang einwirken muss, um effektiv zu sein. Dies führt oft dazu, dass Frauen im Alltagsstress ganz darauf verzichten. Die Wahrheit ist jedoch: Die primäre, physikalische Wirkung einer Spülung – die Neutralisierung der elektrischen Ladung – geschieht nahezu augenblicklich. Sobald der Conditioner auf das nasse, shampoonierte Haar aufgetragen wird, docken die kationischen Tenside an der negativ geladenen Haaroberfläche an. Dieser magnetische Prozess benötigt keine langen Wartezeiten.

Für gesundes bis normales Haar reichen daher oft 30 bis 60 Sekunden vollkommen aus, um die Schuppenschicht zu glätten, das Haar zu entwirren und es kämmbar zu machen. Längere Einwirkzeiten sind in diesem Fall nicht nur unnötig, sondern können bei feinem Haar sogar kontraproduktiv sein und es beschweren. Die Idee, „mehr hilft mehr“, ist hier ein Trugschluss. Es geht nicht um die Dauer, sondern um die gleichmäßige Verteilung des Produkts auf den Längen und Spitzen, wo es am meisten gebraucht wird.

Die optimale Einwirkzeit hängt jedoch stark vom Haartyp und Zustand ab. Während gesundes Haar nur eine kurze Versiegelung benötigt, braucht strapaziertes oder sehr trockenes Haar etwas mehr Zeit, damit pflegende Inhaltsstoffe wie Öle oder Proteine tiefer in die leicht geöffnete Schuppenschicht eindringen können. Eine Haarmaske oder Kur unterscheidet sich hier fundamental: Ihre Moleküle sind kleiner und darauf ausgelegt, tiefer in die Haarfaser einzudringen, was tatsächlich eine längere Einwirkzeit von 5 bis 20 Minuten erfordert. Ein Conditioner arbeitet an der Oberfläche und das extrem schnell.

Die folgende Tabelle, basierend auf Empfehlungen von Haarpflegeexperten wie Garnier, gibt eine klare Orientierung für die optimale Einwirkzeit je nach Haartyp.

Optimale Einwirkzeit einer Spülung nach Haartyp
Haartyp Einwirkzeit Begründung
Feines/Gesundes Haar 30-60 Sekunden Keine lange Einwirkzeit nötig, die primäre Glättung erfolgt sofort.
Normales Haar ca. 2 Minuten Ausreichend Zeit für eine vollständige versiegelnde Wirkung der Pflegestoffe.
Trockenes/Coloriertes Haar 2-3 Minuten Ermöglicht ein tieferes Eindringen von pflegenden und feuchtigkeitsspendenden Stoffen.
Stark geschädigtes Haar 3-5 Minuten Maximale Zeit für Regeneration und Aufnahme von Repair-Wirkstoffen.

Ausspülen oder drinlassen: Was ist besser für feines, was für lockiges Haar?

Die Frage, ob man Conditioner vollständig ausspülen sollte, spaltet die Beauty-Welt. Die Antwort ist, wie so oft, nicht schwarz-weiß, sondern hängt fundamental von der Haarstruktur ab. Für feines oder schnell fettendes Haar ist die Regel eindeutig: Spülen Sie den Conditioner gründlich aus. Verbleibende Produktrückstände können das Haar beschweren, ihm jegliches Volumen nehmen und es strähnig wirken lassen. Das Ziel ist hier, die glättende und entwirrende Wirkung zu nutzen, ohne das Haar mit Pflegestoffen zu überladen.

Ein nützlicher Indikator ist der sogenannte „Quietsch-Test“: Wenn sich Ihr Haar nach dem Spülen leicht quietschend anfühlt, haben Sie wahrscheinlich zu viel des Guten getan und auch die pflegende Schicht entfernt. Das ideale Gefühl ist seidig-glatt, aber nicht schmierig oder glitschig. Eine kalte Rinse am Ende kann die Schuppenschicht zusätzlich schließen und für extra Glanz sorgen.

Ganz anders verhält es sich bei lockigem, krausem oder sehr trockenem Haar. Diese Haartypen haben von Natur aus eine rauere, offenere Schuppenschicht und neigen zu Trockenheit. Hier kann es extrem vorteilhaft sein, einen Teil des Conditioners im Haar zu belassen (Leave-in-Methode). Wie Kristina, die Gründerin der Lockenbox, in ihrem Blog erklärt, wirkt sich das Glätten der Schuppenschicht besonders positiv auf Naturlocken aus.

Die Schuppenschicht der Haare wird geglättet, was sich besonders positiv auf Naturlocken auswirkt, da diese von Natur aus rauer und spröder sind als glattes Haar.

– Kristina, Gründerin von Lockenbox, Lockenbox Blog

Ein im Haar verbleibender Conditioner wirkt als zusätzliche Pflegeschicht, spendet Feuchtigkeit, bekämpft Frizz und hilft, die Locken zu definieren und zu bündeln. Der Hairstylist Dominik Tjumen bestätigt diesen Trend und erklärt, dass für solche Haarstrukturen „Produkte schwer sein müssen“. Wichtig ist hierbei die Technik: Der Conditioner wird im nassen Haar verteilt und dann nur ganz leicht ausgespült oder mit den Händen ausgedrückt („Squish to Condish“-Methode), sodass ein feiner Film auf dem Haar verbleibt.

Warum Conditioner auf der Kopfhaut Ihr Volumen für 2 Tage zerstört?

Eine der fundamentalsten Regeln bei der Anwendung von Conditioner lautet: Nur in die Längen und Spitzen, niemals auf die Kopfhaut. Viele ignorieren diesen Rat und wundern sich dann über plattes, schnell nachfettendes Haar. Der Grund dafür liegt in der Biologie unserer Kopfhaut und der Formulierung von Conditionern. Ihre Kopfhaut produziert von Natur aus Talg (Sebum), ein öliges Sekret, das Haar und Haut geschmeidig hält. Der Haaransatz ist daher bereits der am besten „gepflegte“ Teil Ihres Haares.

Wenn Sie nun einen reichhaltigen Conditioner, der voller Öle, Silikone und pflegender Lipide ist, direkt auf die Kopfhaut auftragen, passiert Folgendes: Sie überladen die Haarwurzeln mit einer zusätzlichen Schicht an Pflegestoffen. Diese Kombination aus natürlichem Talg und schweren Inhaltsstoffen beschwert das Haar direkt am Ansatz. Das Ergebnis ist ein sofortiger Volumenverlust, der oft bis zur nächsten Wäsche anhält. Das Haar hängt schlaff herunter und wirkt platt, egal wie gut Sie es föhnen.

Makroaufnahme einer gesunden Kopfhaut, die das natürliche Gleichgewicht der Haarwurzeln zeigt.

Zudem kann diese Überpflege das natürliche Gleichgewicht der Kopfhaut stören und zu einem schnelleren Nachfetten führen. Die Kopfhaut signalisiert „genug Fett vorhanden“ und die Haare sehen schon am nächsten Tag strähnig aus. In schlimmeren Fällen können die Poren verstopfen, was zu Irritationen oder sogar Schuppen führen kann. Es ist ein klassischer Pflegefehler, der aus guten Absichten entsteht. Viele Menschen neigen dazu, ihre Gewohnheiten beizubehalten, ohne sie zu hinterfragen. Tatsächlich geben 41% der Deutschen an, immer die gleichen Haarpflegeprodukte und wahrscheinlich auch die gleiche Anwendungstechnik zu verwenden.

Die richtige Technik ist simpel: Konzentrieren Sie die Spülung auf das untere Drittel bis zur Hälfte Ihrer Haarlänge. Diese Partien sind die ältesten Teile Ihres Haares, haben am meisten Reibung und Umwelteinflüsse erlebt und benötigen die Pflege am dringendsten. Der Ansatz hingegen braucht Luft zum Atmen, um Kraft und Volumen entwickeln zu können.

Wie waschen Sie Haare nur mit Spülung, ohne fettige Rückstände zu riskieren?

Die Methode, Haare ausschließlich mit Conditioner zu waschen, bekannt als „Co-Washing“ (Conditioner-only Washing), hat in den letzten Jahren, besonders in der Locken-Community, an Popularität gewonnen. Die Theorie dahinter: Man vermeidet die potenziell austrocknenden Sulfate von Shampoos und reinigt das Haar auf die sanfteste Weise. Doch Vorsicht ist geboten, denn diese Methode ist nicht für jeden geeignet und birgt das Risiko von „Build-up“, also fettigen und beschwerenden Produktrückständen.

Der entscheidende Punkt ist, dass ein herkömmlicher Conditioner nicht primär zur Reinigung konzipiert ist. Seine Aufgabe ist die Pflege und Glättung. Er enthält zwar auch Tenside, aber in einer Form (kationisch), die am Haar haften bleibt, anstatt Schmutz und Öl effektiv abzutragen wie die anionischen Tenside in Shampoos. Wer also feines, glattes oder schnell fettendes Haar hat und auf Co-Washing umsteigt, wird wahrscheinlich schnell mit einem Problem konfrontiert: Das Haar wird nicht richtig sauber, fühlt sich schwer, wachsig oder sogar schmutzig an, weil sich Talg und Styling-Rückstände ansammeln.

Für wen ist Co-Washing also eine Option? Hauptsächlich für Menschen mit sehr trockenem, dickem, krausem oder stark gelocktem Haar. Diese Haarstrukturen produzieren oft weniger Talg und neigen zu extremer Trockenheit. Eine Beauty-Redakteurin mit durch eine Blondierung strapaziertem Haar teilt ihre Erfahrung:

Ich habe durch einen Unfall beim Friseur sehr trockenes und strapaziertes Haar. Nach einem Gespräch mit dem Friseur Dominik Tjumen verstand ich, wieso es [ein viraler Conditioner-Trick] nicht funktionierte. Und ein erneuter Versuch verlief mehr als gut.

– Beauty-Redakteurin, Stylebook.de

Für eine erfolgreiche Co-Washing-Routine ohne fettige Rückstände sind drei Dinge entscheidend:

  1. Den richtigen Conditioner wählen: Verwenden Sie eine leichte, silikonfreie Spülung. Spezielle „Co-Wash“-Produkte sind dafür formuliert, eine bessere Reinigungswirkung zu haben als normale Conditioner.
  2. Mechanische Reinigung: Da die chemische Reinigungskraft fehlt, müssen Sie die Kopfhaut intensiv mit den Fingerspitzen massieren (mindestens 3-5 Minuten), um Schmutz und Talg mechanisch zu lösen.
  3. Regelmäßiges Klären: Einmal pro Woche oder alle paar Wochen sollten Sie ein klärendes Shampoo („Clarifying Shampoo“) verwenden, um jeglichen Build-up vollständig zu entfernen und die Kopfhaut zurückzusetzen.

Wie waschen Sie Seide in der Maschine, ohne sie zu zerstören?

Auf den ersten Blick scheint diese Frage nichts mit Haarpflege zu tun zu haben. Doch die Antwort enthüllt ein faszinierendes Geheimnis über die Wirkungsweise von Conditioner. Was haben Haar und Seide gemeinsam? Beide bestehen aus Proteinen. Haar besteht hauptsächlich aus Keratin, Seide aus dem Protein Fibroin. Diese Proteinstrukturen verhalten sich chemisch sehr ähnlich.

Genau wie Haare beim Waschen, können auch die feinen Seidenfasern ihre glatte Struktur verlieren, sich aufrauen und verfilzen. Hier kommt der überraschende Life-Hack: Ein kleiner Schuss silikonfreier Conditioner im Weichspülerfach kann Wunder wirken. Der Mechanismus ist exakt derselbe wie bei Ihrem Haar: Die kationischen Tenside in der Spülung lagern sich an den aufgerauten, negativ geladenen Stellen der Seidenfasern an, glätten sie und machen sie wieder geschmeidig.

Dieser Trick ist besonders nützlich, um leicht verfilzte oder steif gewordene Seide wiederzubeleben. Wichtig ist die richtige Anwendung in der Maschine:

  • Verwenden Sie immer ein Wäschesäckchen, um die Seide vor mechanischer Reibung zu schützen.
  • Wählen Sie den Kaltwaschgang oder das Seiden-/Wollprogramm Ihrer Maschine (maximal 30°C).
  • Verwenden Sie ein spezielles Seidenwaschmittel.
  • Geben Sie einen Teelöffel silikonfreien Conditioner in das Weichspülerfach.

Warum silikonfrei? Schwere, nicht wasserlösliche Silikone könnten sich auf den feinen Fasern ablagern und die Atmungsaktivität des Stoffes beeinträchtigen. Der Trick funktioniert, weil die chemische Basis von Haar und Seide identisch ist – eine Demonstration der universellen Prinzipien der Oberflächenchemie.

Sulfatfrei oder Silikonhaltig: Welche Inhaltsstoffe braucht Ihr Haartyp wirklich?

Die Debatte um Sulfate und Silikone hat die Haarpflege-Welt polarisiert. „Sulfatfrei“ und „silikonfrei“ sind zu Marketing-Schlagwörtern geworden, doch die pauschale Verteufelung dieser Inhaltsstoffe ist oft irreführend. Als mündige Verbraucherin ist es entscheidend, nicht den Trends, sondern der Wissenschaft zu folgen und zu verstehen, was Ihr Haar wirklich braucht.

Sulfate sind hochwirksame Reinigungstenside, die in Shampoos (nicht in Conditionern) verwendet werden, um Fett und Schmutz zu entfernen. Für Menschen mit fettiger Kopfhaut oder diejenigen, die viele Stylingprodukte verwenden, sind sie oft die beste Wahl für eine gründliche Reinigung. Bei sehr trockenem, strapaziertem Haar oder empfindlicher Kopfhaut können sie jedoch zu aggressiv sein und zu viel Feuchtigkeit entziehen. Hier sind mildere, sulfatfreie Alternativen sinnvoll.

Bei Silikonen, die ein Hauptbestandteil vieler Conditioner sind, ist die Differenzierung noch wichtiger. Silikone legen einen Film um das Haar, füllen poröse Stellen auf, reduzieren Frizz, schützen vor Hitze und verleihen einen unglaublichen Glanz. Sie sind meisterhaft darin, eine glatte Oberfläche zu schaffen. Das Problem ist nicht das Silikon an sich, sondern seine Wasserlöslichkeit.

  • Wasserlösliche Silikone (z.B. Dimethicone Copolyol, Lauryl Methicone Copolyol) sind unproblematisch. Sie pflegen und lassen sich bei der nächsten Wäsche leicht ausspülen.
  • Nicht wasserlösliche Silikone (z.B. Dimethicone, Cyclomethicone) können sich Schicht für Schicht auf dem Haar ablagern („Build-up“). Dies kann feines Haar beschweren und auf lange Sicht verhindern, dass pflegende Stoffe ins Haar eindringen.

Besonders für die Anhängerinnen der „Curly Girl Method“ ist der Verzicht auf Silikone ein zentraler Punkt, um die natürliche Lockenstruktur nicht zu beschweren. Bei stark geschädigtem, blondiertem Haar können nicht wasserlösliche Silikone jedoch ein Segen sein, da sie eine effektive Schutzschicht bilden. Die folgende Tabelle aus dem INCI-Guide von Wikipedia hilft, die gängigsten Silikone einzuordnen.

Die folgende Tabelle hilft, die gängigsten Silikonarten und ihre Eigenschaften zu unterscheiden.

INCI-Guide: Silikonarten und ihre Wasserlöslichkeit
Inhaltsstoff (Beispiel) Wasserlöslichkeit Geeignet für
Dimethicone Copolyol Ja Alle Haartypen, da leicht auswaschbar.
Dimethicone Nein Sehr trockenes, stark geschädigtes Haar (Achtung Build-up).
Amodimethicone Bedingt löslich Intelligentes Silikon, das nur an geschädigten Stellen haftet.
Cyclopentasiloxane Nein (flüchtig) Verdunstet nach dem Auftragen, hinterlässt kaum Rückstände.

Das Wichtigste in Kürze

  • Conditioner ist Physik, keine Magie: Er neutralisiert die negative Ladung des Haares nach dem Waschen durch positiv geladene Moleküle und schließt so die Schuppenschicht.
  • Zeit ist relativ: Für gesundes Haar reichen 30-60 Sekunden. Nur stark geschädigtes Haar profitiert von längeren Einwirkzeiten.
  • Kenne deine Porosität: Die Fähigkeit deines Haares, Feuchtigkeit aufzunehmen, ist der wichtigste Faktor für die Wahl der richtigen Pflege und Technik.

Wie bestimmen Sie Ihre Haarporosität und schließen die Faser für ultimativen Glanz?

Der vielleicht wichtigste, aber am häufigsten ignorierte Faktor für eine wirksame Haarpflege ist die Haarporosität. Sie beschreibt, wie offen oder geschlossen die Schuppenschicht Ihres Haares ist und bestimmt damit, wie gut es Feuchtigkeit aufnehmen und halten kann. Das Wissen um Ihre Porosität ist der Schlüssel, um endlich die richtigen Produkte und Techniken zu wählen. Man unterscheidet drei Typen:

  • Geringe Porosität: Die Schuppenschicht liegt sehr flach und eng an. Das Haar ist oft glänzend und gesund, aber Produkte dringen nur schwer ein. Es neigt zu Build-up.
  • Normale Porosität: Die Schuppenschicht ist leicht geöffnet. Das Haar nimmt Feuchtigkeit gut auf und hält sie auch. Es ist der pflegeleichteste Haartyp.
  • Hohe Porosität: Die Schuppenschicht steht weit offen, oft durch chemische Behandlungen, Hitze oder genetische Veranlagung. Das Haar nimmt Feuchtigkeit schnell auf, verliert sie aber genauso schnell wieder. Es neigt zu Frizz, Trockenheit und Haarbruch.

Die gute Nachricht: Sie können Ihre Porosität ganz einfach zu Hause bestimmen.

Ihr Plan zur Bestimmung der Haarporosität: Der Wasserglas-Test

  1. Vorbereitung: Waschen Sie Ihr Haar gründlich, um alle Produkt- und Styling-Rückstände zu entfernen. Verwenden Sie keine Spülung. Lassen Sie ein einzelnes Haar an der Luft trocknen.
  2. Durchführung: Füllen Sie ein durchsichtiges Glas mit zimmerwarmem Wasser und legen Sie das saubere, trockene Haar auf die Wasseroberfläche.
  3. Beobachtung (2-3 Minuten): Beobachten Sie genau, was mit dem Haar passiert. Sein Verhalten im Wasser verrät Ihnen Ihre Porosität.
  4. Analyse des Ergebnisses: Schwimmt das Haar oben, haben Sie eine geringe Porosität. Sinkt es langsam und schwebt in der Mitte, haben Sie eine normale Porosität. Sinkt es schnell zu Boden, haben Sie eine hohe Porosität.
  5. Maßnahmen ableiten: Bei geringer Porosität leichte Produkte verwenden. Bei hoher Porosität auf reichhaltige Pflege, Proteine und versiegelnde Öle setzen, um die Feuchtigkeit einzuschließen.

Das Ziel jeder Conditioner-Anwendung ist es, die Schuppenschicht zu versiegeln. Bei hochporösem Haar ist dieser Schritt überlebenswichtig. Wie Martina Glattfelder, Senior Manager Product Development bei Wella, betont, schützt der Conditioner das Haar vor äußeren Einflüssen.

Das Haar kann durch Faktoren wie Hitze, Sonne oder Haarefärben strapaziert werden und benötigt dann zusätzliche Pflege. Der Conditioner verschließt die äußerste Haarschicht und schützt vor ebendiesen Faktoren.

– Martina Glattfelder, Senior Manager Product Development bei Wella

Unabhängig von Ihrer Porosität ist das gründliche Ausspülen (außer bei sehr lockigem Haar) entscheidend, um Produktrückstände zu vermeiden, die den Glanz mindern. Eine abschließende kalte Wasserspülung hilft, die versiegelte Schuppenschicht zu kontrahieren und die Lichtreflexion zu maximieren – für den ultimativen Glanz.

Jetzt, wo Sie wissen, wie Sie Ihre Haarstruktur analysieren, können Sie die Pflege gezielt anpassen. Das Bestimmen Ihrer Haarporosität ist der erste Schritt zu wirklich personalisierter und effektiver Haarpflege.

Häufige Fragen zur Verwendung von Conditioner

Kann man Haare nur mit Spülung waschen?

Für die meisten Haartypen wird dies nicht empfohlen. Eine Spülung ist primär zur Pflege und zum Entwirren konzipiert, nicht zur Reinigung. Sie entfernt Schmutz, Öl und Styling-Rückstände nicht ausreichend, was zu Ablagerungen (Build-up) führen kann. Nur für sehr trockene oder krause Haartypen kann „Co-Washing“ eine Option sein, erfordert aber eine spezielle Technik und regelmäßige Tiefenreinigung mit Shampoo.

Für wen ist Co-Washing geeignet?

Co-Washing ist vor allem für Menschen mit extrem trockenem, dickem oder stark gelocktem/krausem Haar geeignet. Es ist ratsam, eine leichtere, silikonfreie Spülung zu wählen und diese nur auf die Haarlängen und -spitzen aufzutragen, während die Kopfhaut intensiv mechanisch massiert wird, um sie zu reinigen.

Was passiert ohne richtiges Shampoo?

Ohne die reinigende Wirkung eines Shampoos könnten die Haare nicht gründlich von Talg, Schweiß und Umweltablagerungen befreit werden. Dies kann zu einem Aufbau von Rückständen führen, der das Haar beschwert, es fettig aussehen lässt und potenziell die Kopfhaut irritieren oder die Poren verstopfen könnte.

Geschrieben von Markus Eder, Friseurmeister und Haarexperte mit eigener Salon-Erfahrung in München. Spezialist für Haargesundheit, chemische Prozesse und Kopfhautpflege.